Dienstag, 27. März 2012

Essay "Frühlingsveilchen"




Ralf Wendling

Essay

Augenblicke in der Natur

Frühlingsveilchen
Ich lasse mich verführen. Die Farben- der Duft. Ein zart-violettes Meer kleiner Pflanzenwesen. In den Schein der untergehenden Sonne getaucht. Freundlich nickend. Offen. Tanzend?
Während der fröhliche Reigen hier in der Domaine Les Juliannes, von der Märzsonne des Jahres 2012 zur Lebensfreude animiert, lichtvolle Kapriolen schlägt, fällt es auch leicht, das augenblicklich „ewigwährende“ Untergangsszenario der längst überholten Machtstrukturen zu verdauen. Ich pirsche durch die Veilchenfamilie und weiß, dass sie empört aufschreien, wenn ich eines touchiere. Deshalb: Vorsicht! Ein wenig Respekt vor einer immer weiter zurückgedrängten Umwelt schadet nicht. Mit der Leichtigkeit meines Seins sind Achtung und Akzeptanz für diese Umgebung die Schwingung schlechthin. Riechen, sinnen, schmecken, sich verlieren… - so frei, so virtuos wirken diese Geschöpfe auf mich – was gibt es an Worten, aneinandergereihten Buchstaben, die das Gefühl auszudrücken vermögen.
Worte, Buchstaben? - Die Veilchen interessiert das nicht. Sie wiegen sich leise im Wind. Ihr betörender Duft, so aromatisch-pfeffrig, lässt Appetit aufkommen. Ich fühle allerdings auch die Warnung:“ Iß nicht zu viel, das verdirbt Dir den Geschmack.“ Also zupfe ich ein paar Blättchen – die Zunge spürt: „Oh ja, ein Aperitif der seltenen Art…“ – doch auch nicht mehr. Das sehen die Hummeln anders.
Ihr Diner heißt wohl Veilchennektar. Nun ja, die Zeit der kleinen Wesen währt nicht ewig. Der Genuss ist begrenzt. Die Natur hat ihre „Zyklen“. Die abwechslungsreiche Saison des Lebens.
So ist die Natur. Schert sich nicht um Klimaveränderung, Angst, Sorgen, Mangel… . Sie hat. Und sie gibt. Jedem. Irgendetwas ist immer da. Zum Genießen, zum Leben, zum Schmunzeln.
So wie in diesem Moment die Veilchen.
Ein schöner Augenblick.

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