Dienstag, 14. April 2015

Tage des Lichts X. Ein Reisebericht von Ralf Wendling Auf Entdeckungsreise im Süden Frankreichs

 
Blau-Grau. Schimmernd. Satt glänzend.
Eine Schicht Metamorphose. Verwandeltes Gestein, das mir jetzt beinahe die Schnürstiefel auszieht.
Ich suche Halt an einem Hang, links den Meißel, rechts den Hammer, in einer alten Mine, einem Bergwerk in Südfrankreich. März 2015. – Bleiern hängt der Himmel - regenschwanger über uns. Stürmisch-kalt pfeift es vom Atlantik. Mein Begleiter, ein österreichischer Strahler, Roman, nimmt gerade die letzten 3 Höhenmeter voller schmierigen- und doch so wertig-glänzenden Schlamms.
Dann stehen wir, werkeln wir, dicht an dicht, am Gestein, dringen in den Berg ein, kein Zentimeter zuviel an Bewegungsfreiheit; vorsichtig lösen wir schwere Blöcke aus der Wand, in der es verlockend glitzert. 

Fluorite. – 
Deshalb sind wir hier – in der längst, seit fast 60 Jahren aufgelassenen Franciman-Mine im Dept. Tarn – früher weltbekanntes Eldorado für intensiv-leuchtend-blaue, türkisfarbene, phantastische Fluoritkristalle bis Dezimeter-Größe.
Unsere Stimmung ist gut, fast heiter. Was bleibt einem auch anderes übrig, als scherzhaft-freundliches Miteinander, bei dem selbstgewählten Schicksal – dem Mineraliensuchen bei diesem Sauwetter.





Die Pontonbrücke über das – normalerweise – sanft dahinplätschernde Flüsschen war überschwemmt. Gurgelnd strömt es, 10 cm Land-unter. Was hilft´s – wir wollen rüber – ein steiler, knackiger Anmarschweg durch Urwald, Lianen, umgestürzte Bäume, meterlange Brombeerranken, die einen von den Beinen holen- und Stechpalmen, schmerzhafte Natur… .
Keine flachen Steine da…“- für den Bau eines Stegs über die Brücke! – Bon.
Starke Äste, kleine Baumstämme, leicht verrottet am Bachufer, tun´s auch. Der Steg ist fertig – wir balancieren hinüber.
Das wär´ was für Cäsar gewesen, meinen Minenhund – Action pur. Doch in Anbetracht eines fabrikneuen Peugeot, mit schwarzer Innenausstattung… .

Die Hände halten den Hammer eher krampfhaft – alles ist naß – schlammig – glatt; feinste Steinchen – verwitterte Fluorite – schneiden in die Haut, Blut mischt sich unter das Gesteins-Silber, eigentlich eine optisch ansprechende „Paragnese…“.
Da- erfreutes Jauchzen meines Begleiters. Ja – da sind sie, eine Gruppe würfeliger, wohl hellblauer Kristalle lacht uns an. „Du stemmst – ich halte den Brocken…? – o.k. Gemacht.
Strahlerglück! Und auch mehr. In Ruhe, ohne Hast und Gier, vor allem auch mit dem Respekt vor der Natur und den – seien sie auch noch so unscheinbar – Bewohnern der winzigen Klüfte, die sich nun, nachdem wir mit bloßen Händen weitergraben, auftun, das bringt oft wunderbare Ergebnisse. Seltsam, so ohne Druck, ja – gelassen-heiter, da gelingt es am besten.
Und so geht es weiter. Kristalle von hell- bis leuchtblau, bis 2 cm Kantenlänge mit herrlichen Formen (ich nenne sie „Pueblos“) wandern auf eine kleine Moosinsel, die Roman sich als Halte- und Sammelpunkt auserkoren hat. Mittlerweile bin ich bis fast zu den Oberschenkeln in silbrigen Überzug gehüllt – faszinierend, welche Geschenke Mutter Erde an diesem Fleck für uns bereit hält… .

Mit Strahlstock, Spitzhacke erweitern wir den Raum, schwere Felsbrocken wuchten wir beiseite, gerade eben über die Füße – sie rollen 15-20 m hinab. Jetzt auch eine „Matrix-Stufe“, gewachsene Fluorite auf Muttergestein.
Den Abdrücken, ja Schablonen folgen, das habe ich mir angewöhnt. Ein rechteckig-stabiles Gebilde, wie eine Gussform deutet auf Kristalle hin – so sie nicht bereits wieder umgewandelt – zu Erde wurden.
Die Mutter (ich nenne diese „Gussformen“ der Natur die Mutter, weil sich die Kristalle ja sehr wahrscheinlich über Millionen von Jahren geschützt dort gebildet haben, heranwuchsen durch die Kräfte, Energien, die Flüssigkeiten und den freien Raum;
die Mutter weist uns auch heute wieder den Weg.
So wie Mutter Erde allen Lebewesen den Raum gibt – ja, durchaus den Lebensweg leise-zurückhaltend vorgibt – man braucht nur auf die Zeichen während der Lebensreise zu achten.
Es ist wie hier – in der Mine: Mit wachen Sinnen - Roman verlässt sich gern auf seinen Geruchssinn - dem Fühlen, dem Tasten, Sehen, ja, dem Hören… - erschließen sich einem die Schönheiten der Natur erst richtig.
Und so ist die „Handarbeit“ auch das wahre Medium, damit die Schätze gut erhalten, bewahrt werden und die anderen Bewohner des Lebensraumes eben in ihrem Refugium weiter existieren können.
Dann heißen sie uns auch das nächste Mal willkommen.

Der nächste Tag…
Das Wetter bleibt, wir suchen einen Aufschluß im Tal des Oulas, bei Paulinet, einige km weiter, auf; der Schlamm ist dieses Mal chamois-rot-gefärbt; so bunt sind auch die Fluorite, eher angeätzt, doch von hier kommen die herrlichen bi- und tricolor- Kristalle, ebenso lässt sich hier Quarz in XX, glasklar in Klüften finden. Zufrieden, und – vor allem glücklich, weil das Auto nur 20 m entfernt parkt, packen wir unsere Schätze ein und verabschieden uns – dankbar – von diesem Fleckchen, rutschen – fröhlich-durchnäßt den Hang hinunter – in den Abend mit seinem – obligatoire – Rotwein, dem Baguette, dem Käse – oder auch dem Diner, im Restaurant von kundiger Hand gezaubert - hinein.
More to come!



Photos, Eindrücke und Funde by Roman Höbinger & Ralf Wendling



P.S. Und kaum sind die Schuhe getrocknet, kommt auch die Sonne heraus und strahlt und strahlt…- während ich diese Zeilen schreibe – bereits seit gut 10 Tagen; der Frühling ist da…

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