Blau-Grau. Schimmernd. Satt glänzend.
Eine Schicht Metamorphose.
Verwandeltes Gestein, das mir jetzt beinahe die Schnürstiefel
auszieht.
Ich suche Halt an einem Hang, links
den Meißel, rechts den Hammer, in einer alten Mine, einem Bergwerk
in Südfrankreich. März 2015. – Bleiern hängt der Himmel -
regenschwanger über uns. Stürmisch-kalt pfeift es vom Atlantik.
Mein Begleiter, ein österreichischer Strahler, Roman, nimmt gerade
die letzten 3 Höhenmeter voller schmierigen- und doch so
wertig-glänzenden Schlamms.
Dann stehen wir, werkeln wir, dicht an
dicht, am Gestein, dringen in den Berg ein, kein Zentimeter zuviel an
Bewegungsfreiheit; vorsichtig lösen wir schwere Blöcke aus der
Wand, in der es verlockend glitzert.
Fluorite. –
Deshalb sind wir
hier – in der längst, seit fast 60 Jahren aufgelassenen
Franciman-Mine im Dept. Tarn – früher weltbekanntes Eldorado für
intensiv-leuchtend-blaue, türkisfarbene, phantastische
Fluoritkristalle bis Dezimeter-Größe.
Unsere Stimmung ist gut, fast heiter.
Was bleibt einem auch anderes übrig, als scherzhaft-freundliches
Miteinander, bei dem
selbstgewählten Schicksal – dem Mineraliensuchen bei diesem
Sauwetter.
Die Pontonbrücke über das –
normalerweise – sanft dahinplätschernde Flüsschen war
überschwemmt. Gurgelnd strömt es, 10 cm Land-unter. Was hilft´s –
wir wollen rüber – ein steiler, knackiger Anmarschweg durch
Urwald, Lianen, umgestürzte Bäume, meterlange Brombeerranken, die
einen von den Beinen holen- und Stechpalmen, schmerzhafte Natur… .
„Keine flachen Steine da…“- für
den Bau eines Stegs über die Brücke! – Bon.
Starke Äste, kleine Baumstämme,
leicht verrottet am Bachufer, tun´s auch. Der Steg ist fertig –
wir balancieren hinüber.
Das wär´ was für Cäsar gewesen,
meinen Minenhund – Action pur. Doch in Anbetracht eines fabrikneuen
Peugeot, mit schwarzer Innenausstattung… .
Die Hände halten den Hammer eher
krampfhaft – alles ist naß – schlammig – glatt; feinste
Steinchen – verwitterte Fluorite – schneiden in die Haut, Blut
mischt sich unter das Gesteins-Silber, eigentlich eine optisch
ansprechende „Paragnese…“.
Da- erfreutes Jauchzen meines
Begleiters. Ja – da sind sie, eine Gruppe würfeliger, wohl
hellblauer Kristalle lacht uns an. „Du stemmst – ich halte den
Brocken…? – o.k. Gemacht.
Strahlerglück! Und auch mehr. In
Ruhe, ohne Hast und Gier, vor allem auch mit dem Respekt vor der
Natur und den – seien sie auch noch so unscheinbar – Bewohnern
der winzigen Klüfte, die sich nun, nachdem wir mit bloßen Händen
weitergraben, auftun, das bringt oft wunderbare Ergebnisse. Seltsam,
so ohne Druck, ja – gelassen-heiter, da gelingt es am besten.
Und so geht es weiter. Kristalle von
hell- bis leuchtblau, bis 2 cm Kantenlänge mit herrlichen Formen
(ich nenne sie „Pueblos“) wandern auf eine kleine Moosinsel, die
Roman sich als Halte- und Sammelpunkt auserkoren hat. Mittlerweile
bin ich bis fast zu den Oberschenkeln in silbrigen Überzug gehüllt
– faszinierend, welche Geschenke Mutter Erde an diesem Fleck für
uns bereit hält… .
Mit Strahlstock, Spitzhacke erweitern
wir den Raum, schwere Felsbrocken wuchten wir beiseite, gerade eben
über die
Füße – sie rollen 15-20 m hinab. Jetzt auch eine „Matrix-Stufe“,
gewachsene Fluorite auf Muttergestein.
Den Abdrücken, ja Schablonen folgen,
das habe ich mir angewöhnt. Ein rechteckig-stabiles Gebilde, wie
eine Gussform deutet auf Kristalle hin – so sie nicht bereits
wieder umgewandelt – zu Erde wurden.
Die Mutter
(ich nenne diese
„Gussformen“ der Natur die Mutter, weil sich die Kristalle ja
sehr wahrscheinlich über Millionen von Jahren geschützt dort
gebildet haben, heranwuchsen durch die Kräfte, Energien, die
Flüssigkeiten und den freien Raum;
die Mutter weist uns auch heute wieder
den Weg.
So wie Mutter Erde allen Lebewesen den
Raum gibt – ja, durchaus den Lebensweg leise-zurückhaltend vorgibt
– man braucht nur auf die Zeichen während der Lebensreise zu
achten.
Es ist wie hier – in der Mine: Mit
wachen Sinnen - Roman verlässt sich gern auf seinen Geruchssinn -
dem Fühlen, dem Tasten, Sehen, ja, dem Hören… - erschließen
sich einem die Schönheiten der Natur erst richtig.
Und so ist die „Handarbeit“ auch
das wahre
Medium, damit die Schätze gut erhalten, bewahrt werden und die
anderen Bewohner des Lebensraumes eben in ihrem Refugium weiter
existieren können.
Dann heißen sie uns auch das nächste
Mal willkommen.
Der nächste Tag…
Das Wetter bleibt, wir suchen einen
Aufschluß im Tal des Oulas, bei Paulinet, einige km weiter, auf; der
Schlamm ist dieses Mal chamois-rot-gefärbt; so bunt sind auch die
Fluorite, eher angeätzt, doch von hier kommen die herrlichen bi- und
tricolor- Kristalle, ebenso lässt sich hier Quarz in XX, glasklar in
Klüften finden. Zufrieden, und – vor allem glücklich, weil das
Auto nur 20 m entfernt parkt, packen wir unsere Schätze ein und
verabschieden uns – dankbar – von diesem Fleckchen, rutschen –
fröhlich-durchnäßt den Hang hinunter – in den Abend mit seinem –
obligatoire – Rotwein, dem Baguette, dem Käse – oder auch dem
Diner, im Restaurant von kundiger Hand gezaubert - hinein.
More to come!
Photos, Eindrücke und Funde by
Roman Höbinger & Ralf Wendling
P.S. Und kaum sind die Schuhe
getrocknet, kommt auch die Sonne heraus und strahlt und strahlt…-
während ich diese Zeilen schreibe – bereits seit gut 10 Tagen; der
Frühling ist da…
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