Ralf
Wendling
Essay
Augenblicke
in der Natur
Der
Fluss des Lebens
„Don´t
try to catch a river“ – versuche nie, einen Fluss zu fangen…; ein altes
Sprichwort der amerikanischen Ureinwohner, soweit mir bekannt ist.
Ich
sitze am Oulas, dem naturwilden Flüsschen und sinne. Das Wasser gurgelt, strömt
an mir vorbei; manchmal scheint es, das Leben auch.
Die
Windungen, die Stromschnellen, die „Un-Tiefen“ des Gewässers – so tief wie
meine Gedanken. Unergründlich? Dunkel? Oder doch so klar wie ein Quellaustrit
aus einer Felswand!? Was lange emporsteigt… . – Die artesische Eruption, gut,
eine besonders ausgefallene Sprachschöpfung meinerseits.
Quirlig
treibt es den Fluss - ja, wohin denn: Vorwärts? Keine Extreme. In jeder
Richtung mäandernd, stürmisch, doch auch ruhig, beschaulich, gerade.
Mein
Fluss des Lebens, welche Gestade durfte ich kennenlernen, welche Länder sehen,
oft getragen über´s Wasser. Wieviele Bäche habe ich durchschritten, bin voller
Begeisterung mit den nackten Füssen hindurchgewatet, genoß die Berührung, habe
die Fühlung aufgenommen – zu mir selbst. Kälte und Wärme. Hitze erlischt in der
Kühle des Naß.
Ich
ließ mich treiben. Lange Jahre. Wechselnde Orte und andere Ziele. Kurzfristig.
Mal ein Erfolg. Der Woge der Begeisterung folgte das Tal der Tränen, der
Gleichgültigkeit. Und doch: ein „grüner“ Faden, eine leichte Perlenschnur, eher
schemenhaft, an der sich mein Leben und die Stationen aufreihten und
weiteraufreihen: Die Natur. Fließendes Wasser. Felsmassive. Unbewusst nehme ich
Natur auf. Und an. Ich akzeptiere sie. Das ist mehr als Hinnahme. Es ist auch
eine Hingabe, da ich sie im Grunde meines Herzens vorbehaltlos annehme und
bewundere.
Dieser
nicht endenwollende Strom des Lebens, der mich immer wieder einfängt und mich
dorthin trägt, wo ich mich wohlfühle. Ich werden den Fluss wohl nie einfangen
können, doch er bindet mich auf seine Weise an sich.
Eine
Weise der Zartheit, des Sanftmuts. Ein Dirigent mit besonders feingliedrigen
Fingern, zu dessen Taktangaben ich mich im natürlichen Rhythmus wiegen kann –
und einfach loslasse.
Das
Wasser, dieses bestimmte Wasser, welches gerade jetzt vor mir aufgischtet, das
nehme ich wahr. Bereits den Bruchteil einer Sekunde transportiert die Energie
wieder frisches Wasser heran, das andere ist „vergangen“.
So
erfreue ich mich des Augenblicks, der Nächste wartet schon auf mich.
Und
der Fluss spielt seine Melodie dazu.
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